Commerce im Wandel – Der Kunde in der heutigen Commerce-Welt (ein Erfahrungsbericht)

Serie Commerce im Wandel: Teil 2

Im ersten Teil dieser Serie haben wir unseren Blick vor allem auf die Daten und Marktzahlen rund um den Bereich E-Commerce und Omni-Channel Commerce schweifen lassen. Dort haben wir gesehen, das gerade in Deutschland und der DACH Region ein starker Trend zum E-Commerce hin auf kurz-  bis mittelfristige Sicht natürlich gerechtfertigt ist, das „Abschneiden“ der anderen und auch der „herkömmlichen“ Kanäle mittel- bis langfristig die Unternehmen jedoch hinter den Erwartungen der Kunden zurücklassen und negativen Einfluss auf die Geschäftsverläufe haben wird.

Im zweiten Teil der Serie Commerce im Wandel geht es nun darum wie genau sich das Kaufverhalten und die Erwartungen der Kunden verändern. Dies werden wir an Hand eines Erfahrungsberichtes (jeder ist hier auch selbst aufgerufen eigene Erfahrungen für Sich selbst hinzuzufügen) beleuchten.

Die Erwartungen der Kunden an die Unternehmen

Laut einer Studie von Forrester können wir sehen, wie die Erwartungs-Lücke zwischen Kunden und Unternehmen heute schon relevant ist. Kunden erwarten in den E-Commerce Systemen Informationen über die Filialverfügbarkeit von Produkten, möchten die Wahl haben, diese in der Filiale abzuholen und erwarten sogar die Ware innerhalb einer Stunde in Ihren Händen zu halten. Von den Unternehmen unterstützen gerade mal 1/3 bis 1/2 diese Anforderungen. Bei Waren, die vor allem in Ladengeschäften verkauft werden, entscheiden sich fast 40% der Kunden gegen einen Ladenbesuch, wenn keine Verfügbarkeit in den Filialen im Online-Shop angegeben ist. Auf der anderen Seite wiederum sind etwa 40% der Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, das sich Back-Office Systeme und Vertriebskanäle nur sehr schwer integrieren lassen. (Forrester Consulting im Auftrag von Accenture und hybris, Dezember 2013)

Technologie ist kein Hindernis mehr, E-Commerce und Ladengeschäft wachsen zusammen

Firmen, die schon früh in die Integration von Omni-Channel Lösungen investiert haben, zeigen, das eine Integration der Systeme durchaus möglich ist. Natürlich haben es Online-Pure-Player wie Amazon, Zalando, Thomann, 21Diamonds und andere hier einfacher, da es genau einen Lagerbestand gibt, der gemanagt werden muss. Sobald eine Omni-Channel Strategie zu Grunde liegt und Filialen mit in die Systematik einbezogen werden müssen, wird die Integration zu einem komplexen Thema, welches aber lösbar ist. Natürlich müssen wir zugestehen, das gerade ältere ERP und CRM Systeme nicht einfach in die neuen Omni-Channel Plattformen integrierbar sind, ein grösseres Problem stellen jedoch die alten Kassensysteme dar, die sehr hohe Kosten verursachen wenn man über die eigentliche Transaktion hinausgeht und Omni-Channel im Sinne des Customer Engagements denkt.

Vom Online Vertrieb zum stationären Handel

Tchibo ist ein sehr gutes Beispiel, wie Flash-Sale Aktionen hochintegriert zwischen Online-Verkauf und Ladengeschäften getätigt werden können. Weiterhin stellt Tchibo in jedem Ladengeschäft ein Self-Service Terminal zur Verfügung in dem der Online-Shop durchstöbert werden kann.

Ich Interessiere mich für eine Jacke bei Tchibo. Natürlich ist es mir wichtig diese vorher zu sehen und sie anzuprobieren. Sind die Farben wie abgebildet, passt der Schnitt? (ja, selbst für die männlichen Kollegen sind diese Dinge durchaus wichtig). Ich werde also auf der Website mit den entsprechenden Informationen versorgt. Könnte diese Jacke auch direkt bestellen. Aber natürlich habe ich die Möglichkeit nachzuschauen, in welcher Filiale in meiner Nähe diese vorhanden ist.

Es gibt Produkte, die schwer direkt über einen Online-Shop verkauft werden können. Kleidung, Schmuck, Fahrräder, etc. benötigen weitere Informationen zum Kaufentscheid, die sogar rein Subjektiver Natur sein können. Diese können selbst mit einem guten Produktdatenbestand auch nicht abgedeckt werden.

Die Grenzen des stiotionären Handels?

Wenn wir wieder das „Tchibo“ Modell oder auch eine Vielzahl schon existierender anderer Händler anschauen (E-Plus, Christ), dann müssten wir eigentlich zufrieden sein. Es gibt Unternehmen, die es vormachen, wie es geht. Was passiert aber in der Filiale und wie gut sind diese schlussendlich doch in den Vertriebskanal Mix Integriert? Am Ende scheint doch wieder eine Abhängigkeit zum Personal vorhanden, bzw dieses nicht mit den notwendigen Tools ausgestattet zu sein.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Letztens wollte ich meiner Verlobten eine schöne Halskette kaufen. Natürlich bin ich zunächst Online auf die Suche gegangen und habe etwas gefunden. Farbe, Form, Stil, alles hat gepasst. Aber Schmuck kauft man (und selbst ich) nicht online. Also bin ich auf die Filialsuche gegangen und habe festgestellt, das eine Filiale in meiner Heimatstadt das Schmuckstück auf Lager hat.

Ein Use-Case der natürlich gut ist, aber hier auch wieder nicht weit genug ging.

Produktsuche, Informationen und persönliches Gespräch müssen zusammenwachsen

Im Online-Shop konnte ich nun das Produkt auswählen, sehen, in welcher Filiale es verfügbar ist, aber natürlich hätte ich gerne direkt einen Termin gemacht, in dem das Verkaufspersonal einerseits darüber informiert wird, was ich möchte, andererseits wann ich komme. Das gäbe mir die Sicherheit, das ich zum Zeitpunkt meines Erscheinens auch einen Berater vorfinde und dieser sich vorinformieren kann. Auch natürlich bzgl Cross- und Upselling Möglichkeiten – als männlicher Kunde im Schmuckbereich bin ich ja ein hervorragendes Opfer (ich denke die Herrenwelt kann sich mir hier nur anschließen).

Gut, ich komme also in den Laden und werde dort natürlich auch nach 15 Minuten von einer Verkäuferin hinter einer riesigen Registrierkasse (sie kann kaum darüber hinwegschauen und mich sehen) empfangen. Natürlich kennt Sie die Details nicht. Nachdem ich Ihr meinen „Fall“ erkläre, geht sie mit mir zu dem Schmuckstück, was im Laden gegenüber der Registrierkasse anzufinden ist.

Im weiteren Verlauf möchte ich natürlich weitere Informationen über das gute Stück erhalten. Das geht auch bis zu einem gewissen Punkt gut, jedoch müssen wir (leider) immer wieder zwischen Schmuckstück, Registrierkasse (hier sind einige Basis-Produktdaten verfügbar) und Papierkatalogen hin und herwechseln.

  • Gibt es das auch in einer anderen Farbe oder in Weiß-Gold?
  • Welche Steine können eingesetzt werden und wie entwickelt sich das preislich?
  • Gibt es auch die passenden Ringe dazu?
  • Welche Größen sind im Laden vorhanden, was muss bestellt werden?
  • Kann ich die passenden Ringe bestellen oder in einer anderen Filiale abholen?

Zu Guter letzt finde ich ein anderes Schmuckstück welches mir sehr gut gefällt und das ganze geht wieder von vorne los.

Omni-Channel findet heute schon statt

Wie wir an dem Beispiel sehen, gibt es viele Möglichkeiten, in denen Omni-Channel weiterhelfen kann und vor allem auch Potentiale ermöglicht um den Kunden effizient und möglichst umfangreich zu beraten. Der Beratungsgedanke in der Filiale ist für die Zukunft wie wir in den folgenden Teilen der Serie sehen werden von höchster Priorität. Dei Filiale wird in Zukunft teil des Beratungsangebots sein und nicht nur Ausführer der Transaktion – wie es heute leider häufig missverständlicherweise der Fall ist.

Über den Autor

Dominic Veit

Dominic Veit ist seit vielen Jahren im Bereich E-Commerce und Omni-Channel Vertrieb tätig. Nicht nur auf Dienstleister und Hersteller Seite konnte er wertvolle Erfahrungen schöpfen, sondern auch auf Kundenseite große Omni-Channel Aktivitäten leiten. Als Pragmatischer Visionär ist Dominic Veit daran interessiert nicht nur Trends aufzuzeigen, sondern Unternehmen dabei zu unterstützen Visionen und Strategien pragmatisch umzusetzen.

Bei maihiro GmbH ist Dominic Veit für das Beratungsgeschäft im Bereich Omni-Channel Commerce verantwortlich. maihiro ist Spezialist für CRM, Customer Engagement und Commerce Lösungen. Einer Vielzahl von Kunden hat maihiro dabei geholfen die Vertriebs, Marketing und Service Prozesse erfolgreich und kundenorientiert zu gestalten.